3600 Gedenksteine bearbeitet

Studienfahrt der Kreisgruppe Oberhessen zu den Freunden am Gardasee

Oberhessen (gs). „HIWI“, Gefreiter oder General. Der Tod hat im Zweiten Weltkrieg keinen Dienstgrad ausgelassen. An die 21990 deutschen Soldaten, die auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Costermano am Gardasee ihre letzte Ruhestätte gefunden haben, erinnern Gedenksteine. Darauf stehen Dienstgrad, Name, Geburts- und Sterbedatum. Aber auch von so manchem unbekannten Soldaten wurden hier vor 50 Jahren die Gebeine Gefallener aus ganz Norditalien beigesetzt. „Ganz junge Menschen, noch in der Blüte ihres Lebens“, stellten die Reservisten der Kreisgruppe Oberhessen bei ihrem Arbeitseinsatz fest. „Der jüngste Gefallene, der hier liegt, war gerade einmal 13 Jahre alt“, erklärte Friedhofverwalter Mario Agostinetto. Er ist für die Hilfe aus Deutschland sehr dankbar. Die Reservisten aus den Kreisen Vogelsberg, Wetterau und Gießen sind hier bereits zum wiederholten Male aktiv. Diesmal werden die Gedenksteine bearbeitet. „Ich habe endlich etwas gefunden, mit dem sie sauber werden“, sagte der Verwalter. Drei Reservisten sowie Paolo und Bruno von der Partnervereinigung, den Alpini aus Arco, bearbeiten die Steine mit Pinseln und der Flüssigkeit, die das Moos entfernen soll. Eine halbe Stunde eintrocknen lassen, dann sind weitere Reservisten mit Schrubbern und Wasser im Einsatz. Derweil kümmern sich ein Oberstleutnant, ein Oberleutnant und ein Obergefreiter der Reserve um die 20 Bänke, die auf dem großen Terrain für die Besucher zum Ausruhen stehen. Sechs Stunden, dann waren rund 3600 Steine gesäubert und die Sitzmöglichkeiten gestrichen.

Ein Arbeitseinsatz gehört fast immer zum Programm der einwöchigen militärhistorischen Exkursion der Kreisgruppe Oberhessen an den Gardasee. Untergebracht ist die Gruppe in Riva del Garda im Hotel Ambassador Suite, das schon bald die Auszeichnung „Reservistenlokal“ bekommen hat. Seit fast 15 Jahren geht es nach Norditalien. In dieser Zeit sind Verschwisterungen mit der Associazione Arma Aeronautica (AAA)  „Alto Garda“ (2006) und den Alpini der Gruppe Arco aus Schottens Partnerstadt (2008) geschlossen worden. Komplettiert werden die guten Kontakte durch ein Freundschaftsabkommen mit „NuVolA“, das sind die in Arco stationierten Freiwilligen des Zivilschutzes. Gearbeitet wurde gemeinsam mit den Italienern bisher im „Bosco Caproni“ und „Dos Casina“ bei Nago. Hier wurden Schützengräben und Stellungen aus dem Ersten Weltkrieg freigelegt. Der Erste Weltkrieg war auch Thema des diesjährigen Besuches in Bezzecca im Ledrotal, hier wurden die Festungsanlagen auf dem Colle di San Stefano besichtigt. Auch die Geschichte der Unabhägigkeitskriege ab 1848 mit Guiseppe Garibaldi wurde beim Besuch des ihm gewidmeten Museums deutlich. Die Führung hatte Eleonore Pisoni übernommen, die Mitautorin des Buches „Grenzpfade – Auf Weltkriegsspuren im Alto Garda und Ledrotal“. In Bezzecca  genossen die Oberhessen wieder einmal die typische italienische Gastfreundschaft. Mario Gatto (Kreisvorsitzender der Alpini) hatte dafür gesorgt, dass es im dortigen Seniorenclub Pasta und Wein gab. Die Kreisgruppe bedankte sich mit Geschenken bei den Gastgebern. Wenig später ging es in das kleine Dorf Pré. In der Schmiede Fucina de le Broche zeigten fünf Senioren, wie sie aus Drähten Schuhnägel schmiedeten, die bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts verwendet wurden, um die Schuhsohlen zu schonen. Für das Ledrotal war dies ein äußerst wichtiger Wirtschaftszweig, der es den Bewohnern sogar ermöglichte, während des Ersten Weltkriegs von der Front zurückzukehren und im Zweiten Weltkrieg erst gar nicht eingezogen zu werden. „Leider gibt es keinen jungen Leute mehr, die dieses alte Handwerk fortführen wollen“, bedauerten die Schmiede. Die Besucher aus Oberhessen wurden durch einen Jugendlichen unterhalten, der Akkordeon spielte. Das Wappen der Kreisgruppe, das ihnen Kreisvorsitzender Oberstabsfeldwebel der Reserve (d. R.) Achim Höll überreichte, soll einen Ehrenplatz in dem kleinen Schmiede-Museum bekommen. Bereits am Morgen hatte die Gruppe in Pieve di Ledro das dortige Apotheken-Museum Foletto und die Schnapsherstellung besichtigt. „Renner“ des Unternehmens ist der „Picco Rosso“ ein 61-prozentiger Himbeer-Erdbeer-Likör.

Los ging es bei dem einwöchigen Aufenthalt mit dem Kameradschaftsabend im Hotel, zu dem die Oberhessen 20 Liter Lauterbacher Bier und ein Abendessen spendierten. Unter den Gästen waren Vertreter der Alpini, der AAA, Mario Gatto, Carabinieri und Lino Rosa vom Arcoer Verschwisterungsverein. Bei dieser Gelegenheit wurden alte Freundschaften aufgefrischt und neue Kontakte geknüpft. Dem besseren Kennenlernen diente auch der abendliche Besuch im Vereinsheim der AAA, bei dem Präsident Francesco Ganda die Bedeutung der Freundschaft betonte.

Der erste geplante Arbeitseinsatz in Costermano fiel ins Wasser. Zum ersten Male seit den vielen Jahren herrschte einige Tage lang schlechtes Wetter. Also gab es einen Besuch im Museum von Torri del Benaco, in  dem derzeit eine Ausstellung über die Deutschen im Zweiten Weltkrieg stattfindet.

„Unfassbar“, so der Kommentar von Oberstabsfeldwebel d. R. Achim Höll, Hauptfeldwebel d. R. Klaus Minnert, Fähnrich d. R. Gernot Schobert und Stabsunteroffizier d. R. Thomas Ruppel. Sie waren mit den Alpini aus dem Bereich oberer Gardasee nach Chiampo bei Vincenza zur „Adunata Triveneto“ gefahren. Dort trafen sich rund 20000 Alpini aus Trentino/Südtirol, Venetien und Friaul, um durch dem Ort zu marschieren. Auf dem Weg wurden sie immer wieder mit Applaus und Bravo-Rufen gefeiert. „So etwas wäre in Deutschland undenkbar“, meinten die Oberhessen. Abschluss war im Restaurant „Ada“ in Camisano-Vuincentino bei einem siebengängigen Fischmenü.

Am Abend vor der Heimfahrt steht regelmäßig ein Freundschaftstreffen in der Hütte der Arcoer Alpini auf dem Programm. 30 Liter Lauterbacher Bier hatte Gernot Schobert anlässlich seines Geburtstages spendiert. Es gab ein köstliches Menü und Wein. Unter den Gästen waren Vertreter der AAA, Carabinieri, Lino Rosa und Stadträtin Silvia Girelli. Zur großen Überraschung tauchte gegen 22 Uhr der örtliche Bergsteiger-Chor „Coro Castel“ auf, der Schobert ein kleines Geburtstags-Ständchen sang. „Wir waren schon oft in Schotten, würden dort aber gerne wieder einmal auftreten“ sagte Gino Zamboni, der den Chor an diesem Abend leitete.

Der Abschied fiel – wie jedes Jahr ­-  schwer. Doch man tröstete sich: Im Juli 2018 geht es nach Arco, wo am 15. die Alpini-Gruppe ihr 90-jähriges Bestehen und zehn Jahre Verschwisterung feiert.

 

Die Gedenksteine in den Grabfeldern von Costramano wurden gereinigt. (Bild : Minnert)

Die Gedenksteine in den Grabfeldern von Costramano wurden gereinigt. (Bild : Minnert)

Die Teilnahme am Umzug mit den Freunden aus Arco beim großen Alpinitreffen war besonders beeidruckend. (Bild von privat)

Die Teilnahme am Umzug mit den Freunden aus Arco beim großen Alpinitreffen war besonders beeidruckend.
(Bild von privat)